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Ausstellungstipp: Emil Nolde. Die Pracht der Farben im Museum Frieder Burda
„Emil Nolde. Die Pracht der Farben“ heißt die große Sommerausstellung, die vom 15. Juni bis 13. Oktober 2013 im Museum Frieder Burda zu sehen sein wird. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Nolde Stiftung Seebüll und wird von Manfred Reuther, dem ehemaligen Direktor der Nolde Stiftung, kuratiert. Gezeigt werden rund 80 Werke, von den Anfängen bis zum Spätwerk des Künstlers.

Emil Nolde (1867 - 1956) zählt zu den wichtigsten Künstlern des Expressionismus.
In der umfangreichen Werkschau werden die zentralen Themen seines künstlerischen Schaffens vorgestellt. Neben Landschaften sind Figurenbilder und Bildnisse zu sehen, ebenso religiöse Motive sowie Impressionen seiner Südseereise.

Die farbintensiven Malereien offenbaren die Vielschichtigkeit der Lebenswelt von Emil Nolde. Sie alle verbindet die emotionale Kraft der Farben. Manfred Reuther: „Noldes künstlerische Entwicklung war von Anbeginn seines bildnerischen Arbeitens der Weg zur Farbe als seinem eigentlichen Ausdrucksmittel, das er zunehmend virtuos zu handhaben verstand. ‚Die Farben waren mir ein Glück. Es war, als ob sie meine Hände liebten‘, war Nolde überzeugt.“ Seine ausdrucksstarken Gemälde und Aquarelle zeugen von einer tiefen Naturverbundenheit und einer intensiven Auseinandersetzung mit der menschlichen Natur. Leuchtendes Rot, dunkles Blau, tiefes Schwarz und intensives Lila, in solch ausdrucksstarken Farben malte Emil Nolde romantische Landschaften, dramatische Meeresbilder und eindrucksvolle Figurenbilder.

„Ich liebe die Musik der Farben“

Manfred Reuther: „Das Phänomen Farbe wurde in Noldes künstlerischer Entwicklung nicht von außen an ihn herangetragen, nicht durch theoretische Lehrmeinungen vorbereitet oder wegweisend übernommen, vielmehr war ihm die ausgeprägte Neigung zur Farbe schon früh als natürliche, untergründige Gabe und qualitative Anlage eigen, die zur Entfaltung drängte. Bereits als Kind wurde sich der junge Nolde seines inneren Dranges nach bildnerischer Gestaltung und seiner besonderen Begabung bewusst. Dem Dorfpastor offenbarte er seinen heimlichen Wunsch, Kunstmaler zu werden.“

In seiner Autobiografie erinnert sich Nolde an seinen ersten gestalterischen Umgang mit Farben: „In der Schule übermalte ich alle Bilder meiner Bibelgeschichte und lebte ständig damals schon im Farbenglück.“ In der schwierigen Lage, keine geeigneten Materialien zur Verfügung zu haben, fand er eigene Wege. Seine ersten Farbexperimente unternahm er mit Holunder- und Rote-Bete-Saft. Die Eltern scheinen das besondere Verlangen des Kindes erkannt zu haben, zu Weihnachten erhielt er den sehnlich erwünschten Tuschkasten.

Nolde hat sich in den Jahren seiner Lehrtätigkeit am Industrie- und Gewerbemuseum in St. Gallen intensiv mit Farbstudien beschäftigt. „Etwas verwegen suchte ich die gegensätzlichsten, die wärmsten und kältesten: Zinnoberrot und Indigoblau, auf weißem Grund in Harmonie zu vereinen – das war zuviel gewollt“, berichtet er, „ich zerriß den Bogen.“ Um 1903 begann er mit Farbe zu experimentieren, indem er die Wirkung bestimmter Chemikalien auf Holz und deren farbliche Veränderungen untersuchte. Vor allem interessierte ihn das Verhältnis von Licht und Farbe.

In seiner Malerei wählte Nolde Farben, die in der Natur gegeben sind. Indem er die in der Natur beobachteten Farbwerte intensiviert und diese im Bild unmittelbar nebeneinander setzt, gelingt es ihm, die Ausdruckskraft und Leuchtkraft der Farbe so zu steigern, dass diese in ihrer Wirkung weit über die in der Natur gesammelten Eindrücke hinausreichen. „Eine Farbe bestimmt durch ihre Nähe das Ausstrahlen der Nachbarfarbe“, erläutert Nolde sein Vorgehen, „genau so wie in der Musik der Ton im Akkord von seinem Nachbarton seine Klangwirkung erhält.“ Dabei verfolgte er kein bestimmtes Schema, vielmehr ergaben sich das Bild und seine farbliche Ausgestaltung zumeist spontan im Malprozess selbst. „Der Maler braucht nicht viel zu wissen; schön ist es, wenn er unter instinktiver Führung so zielsicher malen kann, wie er atmet, wie er geht“, ist er überzeugt, und fährt fort: „Deshalb gern mied ich alles Sinnen vorher, eine vage Vorstellung nur in Glut oder Farbe mir genügte, unter der Hände Arbeit entwickelt sich das Werk.“

Zahlreiche Aquarelle

Neben den farbintensiven Ölbildern spiegeln die zahlreichen Aquarelle Noldes Experimentierfreude. Manfred Reuther erklärt: „Seine Malerei mit Wasserfarben ist von einer außerordentlichen Vielfalt gekennzeichnet. Die Eigenart der Wasserfarben kam seinem Streben nach Spontaneität und unmittelbarer Ausdrucksweise entgegen. Er malte mit vollgetränktem, schwerem Pinsel und in raschen, fließenden Bewegungen; den hemmenden Verstand suchte er dabei auszuschalten und vornehmlich dem Instinkt zu folgen. Aus Unregelmäßigkeiten, Flecken und Verläufen wuchsen die Bilder hervor. Es ist die Unmittelbarkeit handwerklichen Arbeitens, mit der der Maler dem Bildmaterial zu begegnen und eine Einheit mit dem Werkstoff zu erreichen suchte.“
Unter den in Baden-Baden ausgestellten Papierarbeiten befinden sich auch einige aus der Serie der „Ungemalten Bilder“, Aquarelle, die der Künstler während des ihm verhängten Malverbots in der Zeit des Nationalsozialismus heimlich in seinem Atelier in Seebüll „aus der Phantasie“ gemalt hat.

Die Heimat bleibt der Urboden

Nolde ist der Maler des Nordens. Die norddeutsche Küstenlandschaft hat er zeitlebens in zahlreichen Bildern festgehalten, das weite, flache Land zwischen den Meeren, die See, die Gezeiten und Jahreszeiten als Symbole unbezähmbarer Naturgewalt abgebildet. Trotz zahlreicher Auslandsaufenthalte und ausgiebiger Reisen in Europa und in die Südsee ist er immer wieder in den Norden Deutschlands zurückgekehrt.

Nach der Volksabstimmung 1920 fällt Utenwarf, der Wohnort von Emil und Ada Nolde, an Dänemark. Nolde nahm zwar die dänische Staatsbürgerschaft an, verstand sich aber weiterhin als ein nordischer Künstler.

Die „Urgründe“ seines Künstlertums sah er „zutiefst im Boden engster Heimat verwurzelt. Wenn auch mein Wissen und Verlangen nach künstlerischer Weitung und Darstellungsmöglichkeiten bis in die entferntesten Urgebiete reichen, sei es in Wirklichkeit, sei es in Vorstellung oder Traum – die Heimat bleibt der Urboden.“ Mit seiner Auffassung vom „Nordischen“ und „Deutschen“ geriet Nolde zwar in die Nähe völkischer Ideologie, er wurde aber 1937, in der Zeit des Nationalsozialismus, zu den „entarteten“ Künstlern gezählt und 1941 mit einem Malverbot belegt.

Blumenbeete vor und neben dem Museum Frieder Burda

Emil Nolde liebte Blumen und legte überall, wo er sich aufhielt, einen Garten an. Ob blauer Rittersporn, rote Kornblumen, lila Schwertlilien oder gelbe Sonnenbraut-pflanzen: Die farbenfrohe Blütenpracht inspirierte den Maler und diente ihm als Motiv für zahlreiche Blumen- und Gartenbilder. Begleitend zu dieser großen Werkschau des Malers hat das Gartenamt Baden-Baden in der Lichtentaler Allee vor dem Museum vier große Blumenbeete angelegt. Es werden vier Bildmotive der Ausstellung neu interpretiert, abstrahiert und mit Pflanzen in die Natur übertragen: „Trollhois Garten“, „Rote und gelbe Sonnenblumen“, „Blumengarten (O)“ und „Großer Mohn (rot, rot, rot)“.

„Jedes Beet spiegelt in seiner Farbigkeit ein Blumenbild von Emil Nolde wider, das im Museum zu sehen ist. Alle Beete haben einen Holzrahmen, wie einen Bilderrahmen. Die Formate haben wir den Bildern angepasst und diese sechsfach vergrößert“, erklärt Markus Brunsing, Leiter des Gartenamtes Baden-Baden, der das Konzept dafür erarbeitet hat. „Die Gemälde sind jedoch nicht eins zu eins in Blumen umgesetzt“, so der Fachmann, „vielmehr werden die Farbstimmungen der Gemälde mittels Blütenfarben wiedergegeben“. Insgesamt kommen 60 unterschiedliche Blumenarten und Blumensorten zum Einsatz, alles einjähriger Sommerflor. Da Nolde kräftige Farben verwendet, sind in diesen Beeten Blumen in leuchtendem Rot, Orange, Gelb und Blau gepflanzt, darunter Löwenmäulchen, Leberbalsam, Begonien, Cosmeen, Glockenblumen, Mohn, Vanilleblumen, Salvien und Rittersporn.

Der Ausstellungskatalog mit Abbildungen aller Werke erscheint im Snoeck Verlag (Köln) und umfasst 180 Seiten, Sonderpreis im Museum 29 Euro

Museum Frieder Burda
Lichtentaler Allee 8b, 76530 Baden-Baden
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr, Montag geschlossen
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Eintrag vom: 14.06.2013  




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